Jede Wienerin und jeder Wiener sollte zumindest einmal im Leben dringesessen sein, um das Flair aus alten, höfisch-monarchischen Zeiten etwas nachfühlen zu können. Sie traben durch Wiens historische Gassen, vorbei an stadtbekannten Sehenswürdigkeiten und verleihen Österreichs Bundeshauptstadt seit jeher ihren ganz besonderen Charme – die Fiaker. Heute weiß man: Fiaker sind zweispännige Kutschen – doch der Begriff selbst stammt eigentlich aus dem Französischen.
Die allerersten dieser Kutschen standen in den 1660er-Jahren in Frankreichs Hauptstadt, genauer gesagt in der Rue de Saint Fiacre, von der sich der heutige Begriff ableitet. Rund 30 Jahre später waren die Fiaker 1693 auch in Wiens innerstädtischem Verkehr zum ersten Mal unterwegs. Früher als alltägliches Transportmittel dienend, zieren die zweispännigen Kutschen heute das Altstadtbild in Wien. Für viele sind die Fiaker und das imperiale Erbe der Stadt allein schon Grund genug, um von weit her die Stadt zu besuchen.
Fiaker heute
Gegenwärtig gibt es in Wien sage und schreibe 27 Fiakerbetriebe mit in Summe ca. 500 Pferden. Das Wiener Unternehmen „Fiaker Paul“ betreibt unter der Leitung von Herrn Johann Paul, der das Handwerk durch seinen Vater im Stall erlernt hat, das mit insgesamt 70 Pferden nicht nur mit Abstand größte Unternehmen in ganz Österreich, sondern wohl auch das renommierteste von ganz Wien. Darüber hinaus sind die Fiaker von Herrn Paul die Einzigen, die Touristinnen und Touristen sowie Einheimische „auf Sisis Spuren“ durch den Schlosspark von Schönbrunn kutschieren dürfen.
Eine spezielle Genehmigung, die Herr Paul als einziger Fiaker-Besitzer Österreichs stolz in seinen Händen hält, erlaubt ihm die Sightseeing-Rundfahrt in der ehemaligen Habsburgischen Sommerresidenz. Der Betrieb selbst wird seit mittlerweile fast 30 Jahren von Herrn Johann Paul bereits in der dritten Generation familiär geführt. Im Laufe der Jahre machte er Bekanntschaft mit etlichen Promis und Stars.
In den 1980er-Jahren kutschierte er sogar das englische Königshaus, genauer gesagt Prinz Charles und Lady Diana, gemeinsam mit Helmut Zilk durch Wiens prachtvolle Gassen. Auf die Frage, ob er stolz darauf sei, viele tolle Persönlichkeiten im Zuge der Fiakerei kennengelernt zu haben, reagiert er fast schon zurückhaltend: „Natürlich ist man da ein bisserl stolz. Aber ich spreche nicht allzu oft und gerne mit anderen über unsere Gäste – das hat man als Fiaker auch schon zu Kaiserzeiten nicht gemacht.“
Diskretion und Geheimhaltung hinsichtlich Adeligen und Prominenten ist das oberste Gebot als Fiakerfahrer. Neben der Diskretion gegenüber seinen Gästen muss sich ein Fiakerbetrieb aber auch an zahlreiche gesetzliche Vorgaben halten. Die rechtlichen Rahmenbedingungen des Bundestierschutzgesetzes sowie des Wiener Fiaker- und Pferdemietwagengesetzes sorgen dafür, dass die Pferde artgerecht sowie liebevoll und sorgsam behandelt werden. Für Fiakerbetriebe ist das eine Selbstverständlichkeit, doch allzu oft werden die Fiaker von der Öffentlichkeit kritisiert und nicht selten zur Debatte gemacht.
Wer allerdings bereit ist, ein wenig genauer hinzusehen, erkennt zweifelsohne, wie gut es den Pferden geht. So gibt es spezielle Vorlagen in Bezug auf die Einrichtung der Pferdeställe, die Ernährung und die Pflege sowie die sonstige Betreuung der Tiere. Jede durchgeführte Fiakerfahrt muss in einem Fahrtenbuch erfasst werden – Selbiges wird übrigens vom Amtstierarzt der Bundesregierung regelmäßig kontrolliert. Ab einer Außentemperatur von 35 °C dürfen die Pferde nicht mehr im Einsatz sein.
Sie sind sodann entweder im Stall oder auf der Weide anzutreffen. Ein Fiakerpferd darf laut gesetzlicher Vorgabe an maximal 4 Tagen pro Woche im Einsatz sein, und in der Regel erhalten die Tiere von Herrn Paul zusätzlich 5 bis 7 Wochen im Jahr Urlaub auf dem eigenen Pferdehof mit 18 Hektar Weidefläche in der Nähe von Göttlesbrunn. Um es auf den Punkt zu bringen: Fiakerpferde haben im 21. Jahrhundert ähnliche (und zum Teil sogar bessere) Arbeitsumstände als so mancher Arbeiter oder Angestellte.
„Wir müssen den Leuten mehr von unserer täglichen Arbeit mit unseren Pferden vermitteln. Die Tiere brauchen außerdem eine Aufgabe und wollen genauso wie wir Menschen wertgeschätzt werden“, ergänzt Herr Paul. Man ist bei diesem Traditionsbetrieb um Transparenz bemüht, und so lädt der Pferdestall von Johann Paul auch seit gut zwei Jahren neben den klassischen Fiakerfahrten Besucherinnen und Besucher ein, die Stallungen morgens zu besichtigen.
Hier wird die Möglichkeit geboten, bei einer Stallführung unter dem Tournamen „Geheimnisse der Fiaker“ einen tieferen Einblick in die uralte Tradition zu erhalten sowie bei den Vorbereitungen der Kutschen und der Pferde zuzusehen. Interessierte können währenddessen Fragen stellen und anschließend mit der Kutsche in die Innenstadt fahren. Kurioses Detail am Rande: Die Idee zu den Stallführungen stammt gar nicht vom Fiakerbetrieb selbst, sondern von zwei jungen Burschen aus Wien, die bereits seit 2017 mit Herrn Paul zusammenarbeiten und mit ihrem Konzept des „Riding Dinner“ österreichweit für Aufsehen sorgten.
Riding Dinner
Beim „Riding Dinner“ ist der Name Programm! Das weltweit einzigartige Konzept wurde von den beiden Gastroprofis Raimund Novotny und Marco Pollandt ins Leben gerufen und lässt seine Gäste die Hauptstadt Wien mit allen Sinnen erleben. Das Konzept zeichnet sich dadurch aus, dass sowohl Touristen als auch Wienliebhaber dank eines speziell dafür gefertigten Tisches die feine Wiener Küche ganz bequem während einer entschleunigenden Kutschenfahrt genießen können. Dabei hat man wirklich an alles gedacht und verwendet sogar edle Gläserhalterungen aus dem Yachtbau, damit während der Fahrt auch nichts verschüttet werden kann.
Um den Service der Speisen und Getränke sowie selbstverständlich um die Gäste selbst kümmert sich ein persönlicher Butler, der die gesamte Kutschfahrt neben dem Kutscher auf dem Kutschbock begleitet. Gemeinsam wird man während dieses einmaligen Erlebnisses von Kutscher und Butler auch mit heiteren Anekdoten und Geschichten rund um Wien und seine Sehenswürdigkeiten unterhalten. Bei der Wahl der Wiener Restaurant-Partner für die Zubereitung der Speisen und Getränke hat man bei „Riding Dinner“ besonderen Wert darauf gelegt, dass die unterschiedlichen Facetten der Wiener Küche präsentiert werden:
Vom Stadtheurigen über die Wiener Traditionsrestaurants bis hin zum typischen Wiener Kaffeehaus sind alle vertreten. Dabei kooperiert man mit Wiener Institutionen wie dem Lokal „Zum Schwarzen Kameel“, dem Café Landtmann oder dem Augustinerkeller Bitzinger. Die Delikatessen und feinen Getränke werden bei einem kleinen Zwischenstopp vor dem jeweiligen Restaurant vom Butler direkt in die Kutsche serviert. Ein praktischer, bis ins Kleinste organisierter sowie zuverlässiger Ablauf garantiert, dass die Speisen perfekt temperiert bei den Gästen am Fiaker-Tisch ankommen.
Eine weitere Besonderheit der speziell von „Riding Dinner“ ausgestatteten Fiaker ist, dass diese wie Cabrios fungieren und innerhalb weniger Sekunden verschließbar sind. Dies hat den Vorteil, dass die Gäste zu jeder Jahreszeit mit dem Fiaker fahren können. Wem nun der Magen knurrt und das Wiener Herzerl höherschlägt, der darf sich gerne auf der Website www.ridingdinner.com umsehen und sich für den nächsten Wien-Trip oder einen Sonntagsausflug eines der exklusiven Fiaker-Angebote aussuchen. „Wir haben fast über 50 Prozent einheimische Gäste bei uns im Genussfiaker, das macht uns schon ein kleines bisschen stolz“, so Marco Pollandt, einer der beiden „Riding Dinner“-Gründer. Gleichzeitig gelang es damit, dem traditionellen Fiakertum neuen Glanz zu verleihen.
Angebote
Vor allem die Angebote „Sparkling Sightseeing“ sowie „Culinary Sightseeing“ erfreuen sich besonders bei den einheimischen Gästen großer Beliebtheit. Das beliebteste Angebot – „Sparkling Sightseeing“ – setzt sich aus Sekt, Brötchen, Petit Fours, dem Tisch inklusive der Gläserhalterungen sowie dem berühmten Butler-Service zusammen. Die Fiakerfahrt selbst dauert vierzig Minuten und führt an allen schönen und wichtigen Sehenswürdigkeiten der Innenstadt vorbei. Speisen und Getränke werden dabei direkt aus dem Restaurant „Zum Schwarzen Kameel“ serviert. Während des Buchungsvorganges können online auf der Website Allergene angegeben sowie vegetarische oder vegane Alternativen ausgewählt werden. Ein Fiaker hat vier Sitzplätze, sodass sich der Preis pro Person auf rund 75 € und insgesamt auf 299 € beläuft.
Das zweite Premium-Angebot „Culinary Sightseeing“ dauert insgesamt 90 Minuten und bietet dementsprechend noch mehr kulinarische Köstlichkeiten. Im Angebot inkludiert sind ein 3-Gänge-Menü aus dem Besten, das die Wiener Küche zu bieten hat, mit Wein und Butler-Service sowie anschließendem Kaffee samt Mehlspeise. Der erste Gang besteht aus einem handgeschnittenen Beinschinken mit frischem Kren und Hausbrot vom „Schwarzen Kameel“. Anschließend folgt der zweite Gang mit einem Wiener Kalbsschnitzel, Braterdäpfeln sowie Wiener Garnitur aus dem Augustinerkeller Bitzinger.
Selbstverständlich kommen auch die Leckermäuler nicht zu kurz, denn abgerundet wird das Menü mit einem Wiener Apfelstrudel sowie Schlagobers vom Café Landtmann. Für zwei Personen beträgt der Preis in Summe 485 €, für jede weitere Person kommen 55 € dazu. Alles ist individuell möglich: Wem die klassische Fiakerfahrt und das kulinarische Meisterwerk auf vier Rädern immer noch nicht exklusiv genug erscheint, der kann sich vom Team rund um Fiaker Paul und „Riding Dinner“ auch jederzeit ein individuelles Erlebnis planen lassen. Ganz egal, ob es dabei um Hochzeiten geht oder ob jemand lieber mit vier statt mit zwei Pferden auffahren möchte – den Möglichkeiten sind keine Grenzen gesetzt. Gerne reist man auf Wunsch und Bestellung samt Lipizzanern, Fiaker, Butler & Co. auch in andere Länder, um den luxuriösen Service in jedem Land, an jedem Ort und zu jeder Zeit zu ermöglichen.
Wie es zu „Riding Dinner“ kam
Die Entstehungsgeschichte zu den kulinarischen Fiakerfahrten ist ähnlich einzigartig wie das Konzept selbst. Im Jahr 2015 waren die beiden Gründer Raimund Novotny und Marco Pollandt im selben Luxusrestaurant in der Wiener Innenstadt tätig und erkannten schnell, dass sie aus dem gleichen Holz geschnitzt waren: Beide absolvierten die Tourismusschule in Wien und Niederösterreich und sammelten anschließend einschlägige Erfahrungen in der Luxusgastronomie im In- und Ausland. Eines Tages stellten sich die zwei Kollegen auf ihrem Arbeitsweg durch die Innenstadt die Frage, warum man denn eigentlich in einem Fiaker nicht genauso essen und trinken könne wie in einem Restaurant...
Das eine führte zum anderen, und schnell erkannten Novotny und Pollandt, dass sie sich nicht nur auf persönlicher Ebene gut verstanden; vielmehr entdeckten die beiden, dass sie unbedingt gemeinsam die Vision vom weltweit ersten „Fiaker-Restaurant“ realisieren wollten und als Geschäftspartner wahnsinnig gut harmonierten: „Der eine hat, was dem anderen fehlt.“ Und so entstand ein ehrliches, sympathisches Wiener Unternehmen mit Herz.